Chaoskaddy

Wo ich bin herrscht Chaos

Wie kam ich eigentlich zur Depression?

Das ist eine gute Frage. Ähnlich wie die Frage: Sag einmal Kaddy, Du bist immer so gut gelaunt und lebensfroh. Hast Du wirklich Depressionen? Es ist nicht immer leicht, es zu sagen: Ja, ich habe wirklich Depressionen. Ich bettel weder um Aufmerksamkeit, noch bin ich faul und schon gar nicht suhle ich mich in der Aufmerksamkeit. Nein, sie war und ist mir zuwider. Diese Kaddy, die ihr im Alltag seht, sofern ihr mich im sogenannten RL kennt, ist eine aufgebaute Maske, die ich in mühseliger Kleinarbeit all die Jahre aufgebaut habe. Ich habe genau geschaut, was ich nach Außen zeige, was ich überhaupt zeigen darf und was ich besser verstecke.

Ja, ihr seht richtig, ich schrieb all die Jahre. Durch die Therapien, die ich hinter mir habe, habe ich gelernt, dass man durchaus schon früher unter Depressionen leiden kann, auch wenn sie nicht diagnostiziert wurde; ähnlich wie die Sache mit der Schwangerschaft und dem Test. Also, diagnostiziert wurde meine Depression im Laufe des Jahres 2012. Ich hatte mich Wochen vorher gequält, ob ich zu meinem damaligem Hausarzt gehen sollte oder eben nicht. Doch sogar ich merkte dann endlich, dass ich Hilfe brauchte. In der Wohnung tat ich immer nur das nötigste. Mein damaliger Mann ließ ich mit immer mehr Sachen alleine. Und ich schlief. Also eigentlich zog ich mich ins Bett zurück. Wirklich schlafe konnte ich damals nicht so gut. Tagsüber ja, wenn ich hätte wach sein müssen und dem Alltag nachgehen sollte. Doch nachts lag ich wach, weinte mich in den Schlaf oder grübelte die ganze Nacht, was mit mir los sei. War ich defekt? Wieso machte mir nichts mehr Spaß? Sogar meinen Job fing ich an zu hassen.

Eines Tages endlich ging ich zum Doc und erzählte ihm, dass ich einerseits abends kaum ein-, geschweige denn durchschlafen konnte. Rief ein Kunde an, ich arbeitete damals in einem Callcenter, der etwas ungehaltener war, musste ich gegen Tränen ankämpfen. Diese ließen sich auch nicht zurückhalten, wenn ich traurige Lieder im Radio hörte oder mein Mann mich damals verständlicherweise etwas gereizter ansprach. Er bedanke sich für das Vertrauen und sagte mir, dass ich wohl eine leichte depressive Episode habe. Das sei neben Bluthochdruck und Tinnitus nicht unüblich im Callcenter. Und er sei sehr optimistisch, dass er und ich das wieder in den Griff bekommen. Doch ich hörte nicht mehr zu. Meine Gedanken schweiften ab. Ich Depressionen? Kann nicht sein, mir fehlt doch nichts und ich habe doch alles. Außerdem lachte ich doch gerne und oft.

Zusätzlich zu diesen Fragen schossen mir Erinnerung aus meiner Zeit als angehende Altenpflegerin durch den Kopf. Ich kam mit allmöglichen Patrient*innen aus, waren sie noch so verwirrt oder aggressiv. Doch zu den depressiven Patient*innen fand ich keinen Draht. Ich verstand damals nicht, wie man einfach nicht mehr wollte. (Im Laufe meiner Therapie sagte mir ein Arzt einmal, dass man bei anderen ablehnt, was man bei sich selber nicht mag. Und mir ging direkt durch den Kopf, ob ich da schon merkte, dass ich ebenso depressive Schübe hatte und diese Hilflosigkeit, ich sage mal, nicht leiden konnte; ich finde keine besseren Worte dafür.) Mir gab dieser Arzt ein Rezept eines Antidepressiva und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für vier Wochen.

Insgesamt wurden es 8 Wochen Arbeitsunfähigkeit und nach sechs Wochen das typische Krankengeld. Da man als Callcenteragent schon so zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel bekommt, war es so eng finanziell gesehen, dass ich damals auf eine Wiedereingliederung verzichtete. In den acht Wochen hatte sich ja einiges getan. Ich bekam den Alltag wieder hin, die Kommunikation zu meinem Mann wurde wieder besser und auch diese weinerlichen Phasen hörten irgendwann komplett auf. Also wieso nicht wieder voll einsteigen, Überstunden kloppen und den Schichtdienst mit seinen Zulagen abgreifen?! Heute betrachtet war das eine verdammt dumme Idee. Denn mein damaliger Arzt erinnerte mich, dass die Ursache nicht verschwindet, wenn man die Symptome bekämpft. Was ich danach machte und meinem Mann und mir passierte, ein anderes Mal mehr.

Und wenn Du Dich vielleicht in der einen oder anderen Beschreibung wiederfindest, vertraue Dich ruhig jemandem an, dem Du vertraust. Und wenn Du alleine bist, meinst dass Du keinem vertrauen kannst oder keinem zur Last fallen willst, dann wende Dich an die Telefonseelsorge Deutschland unter 0800/1110111 oder 0800/1110222.

dasKaddy
Thronsitzerin von Flauchistan & Chaoscastle ? Besitzerin der #Einhornarmee ? #pansexuell ? #notjustsad ? #Strebärin ? Ex-Nichtraucherin ? #fürdieAllianz Twitter


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